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Kommentar

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Beitrag vom 18.06.2012
Betreff: Kritik Sparpolitik:
Von: Helmut Fallschessel


Als Nachtrag zur gestrigen Diskussion im Einsteinforum möchte ich meine Gegenkritik zu Ihrer Kritik der Sparpolitik noch einmal zusammenhängend skizzieren:

Sie hätten sicher Recht, wenn es (wie in Ihrem Vortrag suggeriert) eine eindeutige Relation zwischen Sparen und Kreditvergabe der Banken gäbe. Dies ist jedoch nicht der Fall, da bekanntlich 1. die Menge an "Zentralbankgeld" fluktuiert (und in den letzten Jahren von FED wie EZB durch QE etc. deutlich expandiert wurde), und, wichtiger noch, 2. die Schöpfung von "Giralgeld" durch die Geschäftsbanken historisch deutlich variiert. Durch diese zwei Formen bzw. Stufen der Geldschöpfung ist aber Ihr Argument, wenn alle sparten fehle es an systemischer Kreditnachfrage, für eine Phase des "deleveraging", wie wir sie zur Zeit erleben, nicht stichhaltig. Vielmehr muss dieser Prozess (der eher ungeregelt verläuft, aber im Prinzip politisch im Sinne einer Stabilisierung und Schrumpfung des Finanzsystems erwünscht ist (und sein sollte)), einerseits von einer Ausweitung der Zentralbankbilanzen (also auch des "Zentralbankgeldes") etwa durch QE, andererseits aber eben auch von einer höheren gesamtsystemischen Ersparn

isbildung und z.B. höheren Eigenkapitalquoten der Banken (siehe auch Basel III etc.) begleitet werden. Damit werden die exzessiv ausgegebenen Kredite nachträglich besser "unterlegt". Dies sind also zwei komplementäre Wege, den "Hebel" der risikobehafteten Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken zu senken - und zugleich eine "Kreditklemme" zu vermeiden. Nicht der Mangel an Kreditnachfrage, sondern eine zu große Verknappung des Angebots ist schließlich (jedenfalls außerhalb von D) das Problem. In der Folge kommt es natürlich - da haben die Keynesianer recht - zu Nachfrageausfällen und damit auch zu einer Art "Anpassungsrezession". Dies ist aber im Sinne einer Korrektur des überexpandierten Kreditvolumens und einer Teilabschreibung der durch Fehlallokation riskierten Kredite notwendig - Niedrigzinspolitik und staatliche Nachfrageprogramme können (wie gerade Japan zeigt!) eine solche Anpassungsrezession "strecken", nicht aber vermeiden helfen. (Auch der New Deal hatte bekanntlich nur begrenzte Wirkun

g etwa auf die Arbeitslosenzahlen, die erst durch den Übergang zur Kriegswirtschaft 1942 radikal fielen - aber ein "Kriegskeynesianismus" verbietet sich wohl heute ...)

Fazit: Auch wenn natürlich die populäre Ansicht von Kredit als irgendwie "böse" albern ist (auch und gerade in Bezug auf moderate Staatsschulden), ist doch im gegenwärtigen Prozess des "deleveraging" eine gemäßigte Sparpolitik - ergänzt durch moderate Inflation zwecks Entschuldung durch "financial repression" - richtig.

Mit besten Grüßen

Helmut Fallschessel